Wasserwerke - Über Grenzen hinweg
Zu den Arbeiten von Antje Smollich

Von Falko Herlemann

 

Die Arbeiten von Antje Smollich spielen mit den Grenzen. Ihre Bildobjekte „riennevaplus“ erweitern die Formen des traditionellen Tafelbildes. Farbige Acrylplatten werden übereinander oder, bei ihren Großformaten, auf  eine Holzplatte geklebt. Sogar der Kleber hat hier eine gestalterische Funktion. Er wird zum integrierten Bestandteil der Komposition, indem er zufällig durch den Aufpressdruck der Platten verläuft. Seine Verlaufsspuren bleiben ganz bewusst sichtbar. Zugleich macht er die Schichten, aus dem sich das Bildobjekt aufbaut, deutlicher. Diese Schichtungen verändern nicht nur die Bildform, sondern auch die farbige Erscheinung der Bildobjekte. Sie lösen die monochrome Einfärbung der einzelnen Acrylglasplatten zugunsten einer sich je nach Lichteinfall verändernden Farbigkeit auf. Zugleich negieren sie deren strenge rechteckige Form. Sie halten die geometrische Grundform in einer dauernden Bewegung. Diese Bewegung wird durch das Schweben der Bildobjekte vor der Wand noch unterstützt. Antje Smollichs Bildobjekte verändern sich in einem permanenten Wechselspiel zwischen farbiger Flächigkeit und einer unbestimmten Räumlichkeit. Sie eröffnen dem Betrachter einen völlig neuen Bildraum, der jede Erfahrung einer traditionellen perspektivischen Ansicht leugnet.
Die unbestimmte Farbigkeit unterstützt diesen Prozess und lädt zu einem neuen Sehen ein. Die Installationen „Cascade“ und „Vagues“ thematisieren Grenzerfahrungen in „Cascade“ ragt ein blaues Band hoch aus dem niedrigen Wasser der Berkelumflut. Es ist nur wenig aus der Fließrichtung des Wassers versetzt und erhebt sich in zwei Schwüngen über die Wasseroberfläche, wobei die untere Form leicht vom Wasser umspült wird. Es scheint aus der einen Ansicht direkt aus dem Wasser zu erwachsen; das Band bricht in der anderen Ansicht jedoch kurz über der Oberfläche ab. Es ist ein bewusst künstliches Blau, dass sich aus der natürlich farbigen Umgebung abhebt. In der Nähe eines Stauwehres aufgebaut, thematisiert „Cascade“ den Einfluss des von Menschen geschaffenen Hindernisses im fließenden Wasser.
Es bäumt sich auf, wird vom Wehr gehalten und überwindet es doch.
In „Vagues“ schwebt ein orangenes Band nur knapp über der Wasseroberfläche. In mehreren unregelmäßigen Schwüngen scheint es immer wieder in das Wasser einzutauchen, um sich in der nächster Bewegung wieder aus ihm zu erheben. Hier wird durch die Farbigkeit der Form deren Künstlichkeit noch weiter unterstützt. „Vagues“ thematisiert in seiner unregelmäßigen Bewegung den natürlichen Fluss des Wassers. Die Installation steht im Gegensatz zu der von Menschen geschaffenen Kanalisierung des Wassers. In den arbeiten von Antje Smollich verschwimmen die Grenzen zwischen den Formen. Sowohl “Cascade“ als auch „Vagues“  setzen Zeichen. Dabei nimmt Antje Smollich natürliche Formen auf, um sie zu konzentrieren. Sie abstrahiert die Formen der Natur, um ihnen eine lineare Form entgegenzusetzen.
Die künstliche Farbigkeit der Objekte spiegelt sich immer wieder im Wasser. Sie verändert sich mit dem natürlichen Lichteinfall, so dass ihr vordergründiges Anderssein zum Teil wieder aufgehoben wird. „Cascade“ und „Vagues“ machen so auch auf vor Ort vorgefundene Formen und Bewegungen aufmerksam. Grenzen zwischen Natur und Kunst werden aufgehoben.